Montag, 1. Dezember 2014

CHINA - Citytrip Peking

4.September 2012
Ankunft in Peking um fünf Uhr früh, unsere AUA ist mehr als pünktlich. Morgengrau mischt sich mit Beton-Grau und schimmerndem Stahl-Grau des supermodernen Beijing International Capital Airport (dessen Terminal 3 ist das größte Gebäude der Welt – gleich der richtige Einstieg ins neue China). Dazwischen die Farbtupfer der noch geschlossenen Geschäfte und der Richtung Immigration schlurfenden Fluggäste. Alles ist weitläufig, supermodern, kontrolliert, geregelt. Die Shuttle-Bahn, die uns zum Ankunftsterminal bringt, ist computerferngesteuert. Auch wir warten etwas ferngesteuert auf unsere Koffer. Vergleichen ein bißchen und vergeblich mit dem neuen “check-in 3” gestern beim Abflug in Wien-Schwechat.  (Im Oktober 2017 soll ein zweiter internationale Flughafen eröffnet werden. Mit bescheidenen 9 Pisten. Ausgelegt für 60 Millionen Fluggäste.)

© Foster                 Beijing Capital


Am Ausgang werden wir von zwei Zhangs begrüßt. Einer ist mein langjähriger Geschäftspartner, der andere ist der Pekinger Fremdenführer. Beide sind ekelhaft hellwach. Der Vorteil der frühen Ankunft: der Strassenverkehr ist ebenso erst am Erwachen wie wir, die breite Autobahn gehört fast nur uns. Eine Stunde später wären wir schon im Morgenstau gesteckt. Ich sehe auch zwei Radfahrer.
Wir wohnen im Paragon Hotel, einem modernen Gebäude mit großem Atrium visavis des alten Hauptbahnhofs. Zur vollen Stunde klingt vom Bahnhofsuhrturm die alte Mao-Hymne “Der Osten ist rot”. Ziemlich retro, skurril, spassig. Zumindest die ersten zwei Mal. Beim heutigen Jetlag-Nachmittagsschlaf und dann täglich um sechs Uhr früh wird mich der rote Osten brutal aus meinem Schlaf reissen. Ich werde mich rasch nach der Vorstadt-Morgenruhe von Wien-Mitte sehnen.
Die Zimmer sind jetzt aber noch nicht verfügbar, daher geht es gleich los. Zum Tiantan, dem Himmelstempel. Wir sind zur richtigen Zeit dort. Die älteren und alten Pekinger pflegen ihre Traditionen. Hängen ihre Vogelkäfige auf, spielen chinesisches Schach und Karten. Machen ihre Körperertüchtigungen, wecken ihr Qi, teilweise in großen Gruppen. Etwas weiter turnen, nein, schwingen zahlreiche Pärchen zu chinesischer Almdudlermusik. Und beim Aufgang zur Tempelanlage tanzen hunderte Frauen und Männer den tibetischen Schneewalzer. Viele Frauen glauben, sportlich-elegant gekleidet zu sein. Viele glauben auch, tanzen zu können. Sie sind alle sehr engagiert, konzentriert und tüchtig. Ertüchtigt. Traditionelles China schon zum Anfang unseres Aufenthalts.
    
Alle öffentlichen Strassen und Plätze und natürlich die historischen Besichtigungorte sind in China blitzsauber. Wir wandern auf dem Weg vom “Mittelpunkt der Erde” (glauben zumindest die Chinesen; wir wissen: der neue Nabel der Welt liegt in Franks Großwaltersdorf) zum Himmelstempel. Auf der fengshuimäßig angelegten und Qi verströmenden Nord-Süd-Achse. Mein dadurch energiegeladenes Auge entdeckt ein paar weissgraue Brösel nahe der marmornen Terrassenbrüstung. Mein durch eigenen Charakter, aber vor allem durch stetiges, fast freundliches Erinnern meiner Frau geschultes Sauberkeitsbewusstsein schlägt Alarm. Sofort nehme ich meinen Klappbesen aus dem Reiserucksack.. schwupps, schon fügt sich die schmutzbefreite Bodenfliese wieder in höchster Harmonie in den keimfreien Platz rund um den Himmelstempel, der eigentlich kein Tempel ist, sondern die “Halle der Ernteopfer”. Hier haben die Ming- und Qing-Kaiser um gute Ernte gebetet... 
Verunsicherung kommt auf. Waren das zuerst auf dem Boden Reiskörner? Von mir leichtsinnig weggekehrte Opferreste? Sie bekommen plötzlich eine kosmisch-spirituelle, auch kosmo-ökonomische Bedeutung: werde ich durch meinen Putzfimmel an der nächsten Mißernte schuld sein? Wird jetzt die chinesische Regierung umgebildet? (Anmerkung: ist schon passiert). Wird dadurch der Kurs des Euro steigen? Ist Griechenland und Kärnten gerettet?

Genug der Spekulationen, ich kann nicht mehr schweigen. Meine Besen-Aktion hatte viel schlimmere, ja für die chinesische Geschichte und das Selbstbewusstsein des "Reichs der Mitte" schreckliche Folgen. Der Himmelstempel begann auf einmal zu schrumpfen, dann verschwand er vollkommen. Die Bilder dokumentieren es: unsere Gruppe betrachtet erschrocken die ersten Veränderungen. T., unser AUA-Begleiter, hat sich schon mit Schrecken abgewandt. Bild 2: der dramatisch verkleinerte Himmelstempel. Die Menschen laufen verwirrt und verunsichert herum. Und schließlich: der Tiantan hat sich aufgelöst, ist einfach weg. Übrig bleibt nur der Marmorsockel.
         
Abends hat uns der Besuch einer Teestube, wo auch Reisschnaps und Johnny Walker serviert wurden, geholfen, den Schock zumindest zu lindern. Ich werde nie wieder einen Besen angreifen.

Pflichtbesuch am Tianmen-Platz, dem "Platz des himmlischen Friedens", dem mit 58ha größten Platz der Welt. Den gibt es noch, übrigens seit dem 15.Jahrhundert. Hier herrscht inmitten hektischer Besucher tatsächlich “himmlischer Friede”. Überwacht von zahlreichen Sicherheitsleuten und Polizei. Zum Teil offen, zum Teil versteckt oder unglaublich unauffällig. Von den Police-Segways faked in China sind wir beeindruckt. Auch den Besuch im Mao-Mausoleum lassen wir uns nicht entgehen (da es erfreulicherweise heute keine Besucherschlangen gibt), gehen an Unmengen von weissen Blumen und am Kristallsarg vorbei – Fotografieren leider strengstens verboten.
               
    
Kein Peking-Besuch ist komplett ohne Besuch der Grossen Mauer. Und dem Verschmausen einer Peking-Ente. Auch wir hielten uns dran.
6.September
Bis zu 100 000 Tausend Besucher stürmen zu Hochsaisonzeiten den eindrucksvoll restaurierten Abschnitt der Mauer am Badaling-Pass. Pro Tag! Der Großteil kommt zeitig bis vormittags, ca. 70 000 Chinesen sehen gerne allein die aufgehende Sonne, spazieren, fotografieren und unterhalten sich. Nachmittags sind es immer deutlich weniger. Und aus Erfahrung weiss ich: fast alle Besucher gehen nach rechts (Nordosten) aufwärts. Nach links, in Südrichtung, besteigt fast niemand den Mauerkoloss. Wir sind daher ganz allein. Können ungestört die teilweise sehr steilen Passagen und Stiegen erklimmen und herrliche Panoramafotos machen. Und: wir haben den blauesten Himmel, den ich je in China gesehen habe. Es gibt natürlich auch weitere zugängliche Mauerabschnitte - siehe "Reiseziel China".
         

Abends steht "Peking-Ente" am Programm und auf der Speisekarte. Das bekannteste und berühmteste Gericht in Peking und ganz China. Der Koch braucht eine langjährige Ausbildung, bis er perfekt zubereiten und tranchieren kann. Ich hab ihm über die Schulter geschaut >>>
Kommentare, Anregungen, eigene Erfahrungen, Vorschläge, Reiseanfragen etc. sind willkommen!  tretenhahn@eastlink.at

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