Dienstag, 2. Dezember 2014

MALEDIVEN - Ein Kurzbesuch

31.Oktober 2012
Nur ein bisschen mehr als eine Stunde Flug von Colombo nach Male. Eigentlich nach Hulhule, das ist die nur einen Kilometer entfernte Airportinsel der maledivischen Hauptstadt. Die Piste ist beruhigende 3000 Meter lang. Mehr als ausreichend für den Airbus 330 der Sri Lankan.Mit der 23.Reihe haben wir wieder einmal den Haupttreffer gemacht. Die einzige von insgesamt 64 Reihen, die keine Fenster hat. So muss ich mir mit den verbleibenden 2cm-Schlitzen der Fenster vor und hinter mir und den Bildern der Bordkamera auf meinem Monitor helfen. Es reicht, um das faszinierende Türkisgrün der Atolle zu sehen, nur wenig beeinträchtigt von dunklen Wolkenfetzen. Vorfreude kommt auf, Erwartung, bald im Paradies und gleich im Land der „1000 Inseln“ zu sein.

Passkontrolle normal, dann kommt der Zoll. Wir haben sicherheitshalber die aus Österreich mitgenommenen Zeitschriften vorher ausgelesen und brauchen uns vor dem Pornographieparagraphen nicht zu fürchten. Auch der medizinisch wertvolle Jameson-Whiskey wurde geleert. Und Hunde, die der Islam als unrein ansieht und deren Einfuhr daher ebenso verboten ist, haben wir heute ganz sicher nicht dabei. Als dann bei der stichprobenhaften Gepäckskontrolle natürlich einer unserer Koffer geöffnet wird, haben wir eigentlich ein reines Gewissen. Aber: da ist noch die Figur des sitzenden Buddhas, die ich im Schnitzereigeschäft in Kandy mühsamst erhandelt habe. Die Einfuhr von Abbildungen und Figuren anderer Religionen ist  im 100% moslemischen Land auch untersagt. Ich bin verwirrt, der Zollbeamte freundlich korrekt. Ich bekomme eine Bestätigung und kann mir meinen Erleuchteten bei Ausreise problemlos wieder abholen. Im Nachhinein komme ich drauf, dass im Koffer auch ein Packerl Salamistangerln ist, Allheilmittel für den Zwischenappetit, Curryalternative und Notverpflegung. Ob mir der Mann vom Zoll geglaubt hätte, dass das Pferdesalami ist? Natürlich ist auch der Import von Schweinen und Schweinsprodukten nicht erlaubt. 

Mit dem Schnellboot dauert es nur 20 Minuten, dann sind wir auf Lankanfinolhu, unserem Inselparadies im Nordmale-Atoll. Unsere Unterbringung heißt einfacherweise und originell „Paradise Island Resort“.

1200 Inseln haben die Malediven, 200 sind bewohnt. Auf 90 Inseln gibt es Resortanlagen, auf denen urlaubsmäßig bei Halbpension oder Alles Inklusive, Bier, Wein und Cocktails konsumiert werden können. 110 sind „Einheimischen-Inseln“, mit dem dem Glauben entsprechenden Alkoholverbot. Dafür können die einheimischen Männer bis zu fünf Ehefrauen haben (was wiederum auf den Touristeninseln nicht so  gern gesehen wird). In der Neckermann-Infomappe steht, dass dies dem Maledivenmann nur möglich ist, wenn er seinen Harem auch ordentlich verpflegen und versorgen kann. Wahrscheinlich bliebe dem lokalen Durchschnittsmann sowieso kein Taschengeld für ein Seidel Importbier übrig. An den feurigen Blicken der nur zur Hälfte einheimischen Kellner (die anderen Service-Mitarbeiter kommen aus Sri Lanka, Indien und Bangladesch ) kann ich allerdings erkennen, dass hier noch Potenzial und Potenz frei sind. Nicht nur in Richtung der meist üppigen, russischen Pseudooligarchenfrauen.
 In den Reiseführern steht, dass es im Oktober/November zwanzig Tage mit zumindest sieben, acht Sonnenstunden gibt. Das gilt heute gerade gar nicht, es tröpfelt.  In Südindien wütet der Zyklon „Nilam“, im TV wird berichtet, dass dort über 100 000 Bewohner evakuiert werden mussten. CNN zeigt uns die Auswirkungen von „Sandy“, den sie Hurrikan-Monster und Frankenstorm nennen. Er verwüstet Haiti und die US-Ostküste, setzt die New Yorker U-Bahn unter Wasser. Da kann uns die Regenwolke, die uns das Monsunrestl geschickt hat, nicht wirklich stören. Wir nennen sie „Frankenstorm junior“.
Trotz schmutzigweißem Himmel und einem Sonnenuntergang ohne Sonne überwältigt uns der weiße Sand, das türkisfarbene Wasser der Lagune. Die Robinsonstimmung währt nur kurz, das Abendessen beginnt mit Verwunderung. Zum offiziellen Beginn um 19.30 strömen hunderte von Resortgästen ins Riesenrestaurant. Aber: alles ist bestens organisiert, jeder hat seinen fixen Tisch und flinken Kellner, es gibt drei lange, überreichliche Buffetstationen und große Auswahl. Das Anstellen und Umgehen der spitzen Ellenbogen der drängenden chinesischen Urlauber (meist aus Singapur) dauert jeweils nur maximal zwei Minuten. Beeindruckend, hochprofessionell, die Entspannung fördernd.
Zweimal komme ich abends an der Rezeption vorbei. Wie auch wir vorher sitzt jeweils ein Grüppchen Neuankömmlinge in der Lobby und erwartet die Instruktionen und den Zimmerschlüssel. Sie wirken irgendwie nicht im Paradies angekommen. Die erste Gruppe hat soeben einen heftigen Wolkenbruch erlebt (-böser Junior!). Die zweite fragt sich, warum gerade jetzt und hier und unter lautem Geschrei Halloween gefeiert werden muss (ich frage mich: warum muss unser Kellner wie Frankenstein Senior verkleidet sein?). Am nächsten Tag werden wir alle relaxte Malediveninsulaner sein.  

Obwohl ja früher hauptsächlich Portugiesen und Engländer in der Region kolonial aktiv waren, merke ich französische und österreichische Einflüsse. Die maledivische Fahne ist grün auf rot. Grün wie der Friede, die Farbe des Propheten, wie die Kokospalmen und die Hoffnung. Die Hoffnung auf schönes Wetter und auf liberte - die Freiheit, sich innerhalb von ein paar Stunden Gesicht und Rücken zu verbrennen. Rot wie das Blut, das für die Unabhängigkeit vergossen wurde und rot wie egalite, die Gleichheit beim Sonnenbrand. Egal, ob Urlauber vom Baikalsee, Gardasee oder Neusiedlersee, die über dem Äquator fast senkrecht stehende Sonne bräunt rasch und heftig. Zuerst und vor allem aber rötet sie. Kreiert auf allen Körpern die Farben Austrias: rote Nase, weiße Bauchfalte, rote Knie. Fördert damit fraternite, das Gemeinsamkeitsgefühl, das uns mit unseren sonnenanbetenden Brüdern und Schwestern verbindet.
Von der vor einigen Monaten geführten Diskussion über die Schließung der Wellnesseinrichtungen merke ich nichts (mehr). Hier hat sich offensichtlich das nationale Tourismusministerium gegen die Religionsdogmatiker behaupten können. Massage ist eben nicht gleich Massage.

1.November 
Allerheiligen-Frühschoppen auf der Terrasse des italienischen Restaurants gleich beim kleinen Hafen, mit unserer Insel durch einen 150 Meter langen Holzsteg verbunden. Das Lokal ist fast voll, Asiaten mittagessen ihre Nudeln a la Marco Polo eben früh. Wir begnügen uns mit einem großen Bier, verfüttern etwas der uns servierten Grissini an die unzähligen, unterschiedlich großen und bunten Fische. Sehen erstmals auch einen rund 80 Zentimeter langen Hai. Als wir am nächsten Tag dort schnorcheln, begegne ich wieder einem Hai, diesmal sogar etwas größer. Er ignoriert mich gastfreundlich. Als wir dann aber auch einen Rochen (Stingray) mit langem Schwanz , aber gottseidank unausgefahrenem Stachel, auf uns zu schwimmen sehen, ist mein Quantum Mut und Leichtsinn aufgebraucht.
Der weitere Aufenthalt verläuft unaufgeregt: ausschlafend, strandspazierend, dauerfotografierenden Asiaten ausweichend, sonnencremeauftragend, weiter schnorchelnd, buffetgeniessend, sternderlschauend, lässig kleine Getränkezwischenrechnungen unterschreibend und zum Schluss überrascht eine riesige Gesamtabrechung vorfindend. Hoffentlich lässt sich der Klimawechsel Zeit und uns allen das Paradies der 1000 Inseln noch Jahrzehnte lang genießen.
4.November
Unser Rückflug geht vorerst  wieder zurück nach Colombo (dort treffen wir wieder unsere Gruppe und fliegen mit Qatar Airways über Doha zurück nach Wien). Der Airbus der Sri Lankan ist schon ziemlich in den Jahren, ganz im Gegenteil zum erfreulich jungen und sehr freundlichen Bordpersonal. Später wird mir auffallen: die Kleidung der Qatar-Flugbegleiterinnen vermittelt konservative Ausgeglichenheit, die der Lankan-Stewardessen lassen mich eher an (Stoff-) Sparmaßnahmen denken.
    
Dieses Mal haben wir fast alle einen Fensterplatz. So kann ich den Start und die gleich danach auftauchenden, türkisen Inselringe sogar filmen >>>. Abschied? Auf Wiedersehen!
    
Kommentare, Anregungen, eigene Erfahrungen, Vorschläge, Reiseanfragen etc. sind willkommen!  tretenhahn@eastlink.at

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